26.06.2023
Alarmierende Gesundheitsdaten
Diabetes oder Bluthochdruck belasten zunehmend die Gesundheitsversorgung im südlichen Afrika. Deshalb widmet sich SolidarMed in einer Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Basel dieser Problematik.
Das mehrjährige ComBaCaL-Projekt soll die Krankheitslast durch nicht-übertragbare Krankheiten in Lesotho reduzieren. In einem ersten Schritt erfasste SolidarMed zusammen mit der klinischen Epidemiologie der Universität Basel die aktuelle Situation: Wie verbreitet sind Diabetes, Übergewicht, Rauchen oder Bluthochdruck in der Bergbevölkerung Lesothos tatsächlich? Über 6’000 Personen in den zwei Distrikten Mokhotlong und Butha-Buthe wurden dabei miteinbezogen. Noch nie wurden diese Zahlen in Lesotho bisher so systematisch erhoben. Die Resultate sind alarmierend. Bluthochdruck und Diabetes führen zu einer grossen, bisher wenig beachteten Krankheitslast in der Bevölkerung. Die Lebensqualität und Produktivität der Betroffenen ist bereits heute stark eingeschränkt.
Alarmierende Zahlen
In der Studie wiesen 21 % der Teilnehmer:innen erhöhten Bluthochdruck auf. Unter den Frauen waren es sogar 27 %.
6,2 % der Frauen und 2,8 % der Männer leiden an Diabetes.
Gründe für Bluthochdruck und Diabetes
Übergewicht und Fettleibigkeit – wichtige Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen und Diabetes – sind stark verbreitet. Die Erhebung hat gezeigt, dass fehlende Bewegung bei Frauen
und Männern sowie ungesunde Ernährung verbreitet sind.
Die hohe Rate an Übergewicht in einem so armen Land mag paradox erscheinen, vor allem, da in denselben Dörfern bis zu 40 % der Kinder Zeichen einer chronischen Unterernährung aufweisen. Es handelt sich hier um ein in der Region vielfach beobachtetes, multifaktorielles und komplexes Phänomen: Personen, die immer noch in Armut leben, aber ein Einkommen haben, verfolgen oft einen sehr ungesunden Lebensstil mit Nahrungsmitteln, die viel Kalorien für wenig Geld bieten. Zusätzlich lässt die Arbeits- und Familiensituation keine Freizeit für sportliche Aktivitäten zu.
Einkommen und Erkrankung
Was wir in Lesotho beobachten, ist ein Übergang der Gesundheitsprobleme von den klassischen «Armutserkrankungen» hin zu einer doppelten Krankheitslast: neben beispielsweise HIV
oder Tuberkulose treten nun zusätzlich die sogenannten «Wohlstandserkrankungen» auf. Wie die Grafik unten zeigt, hatten Studienteilnehmer:innen aus immer noch armen, aber etwas
besser situierten Haushalten ein höheres Risiko, übergewichtig zu sein, erhöhten Blutdruck oder Diabetes zu haben. In Ländern mit hohem Einkommen ist dies umgekehrt, da Menschen aus besser situierten Haushalten im Schnitt einen gesünderen Lebensstil verfolgen. Deshalb kommen Diabetes, Fettleibigkeit und Bluthochdruck bei Personen mit tieferem Einkommen bei uns häufiger vor.
Folgen von Bluthochdruck und Diabetes
Auch mögliche Folgeschäden dieser Erkrankungen wurden untersucht. Die grosse Zahl an Teilnehmer:innen mit bereits nachweisbaren Folgeschäden, zeigt eindrücklich das Ausmass der aktuellen Unterversorgung in Lesotho.
Ausblick
Die Resultate bestätigen die vermutet hohe Krankheitslast, die Bluthochdruck und Diabetes verursachen und Lesotho jetzt und in Zukunft in der gesellschaftlichen und ökonomischen Entwicklung hemmen werden. Das Durchschnittsalter der Betroffenen liegt bei 56 Jahren – ein Alter, in dem innerhalb der Familie und Gesellschaft noch wichtige soziale und ökonomische Verantwortung getragen wird.
Die Zahlen bestätigen auch, wie wichtig das ComBaCaL-Projekt für die Gesundheit und Entwicklung in Lesotho ist. Das neugewonnene Wissen ist für das ganze Land relevant, da sie dem Gesundheitsministerium erlauben, ihre Gesundheitsprojekte besser auf die Bedürfnisse der Bevölkerung anzupassen. In den nächsten drei Jahren werden über 100 Dorfgesundheitsberatende in Butha-Buthe und Mokhotlong die Menschen zuhause sensibilisieren, testen und ihnen bei Bedarf Zugang zu Behandlung ermöglichen.
Lucia Gonzáles über ihre Arbeit
Mit ihrer Erfahrung als Ärztin und Forscherin wirkt Lucia Gonzáles in verschiedenen Projekten mit. Im Interview erzählt sie, warum Forschung für sie als Ärztin eine Pflicht ist